Seit 1982 war er Mitglied, später Vorsitzender des Direktoriums des
Zentralrats der Juden in Deutschland. 1989 wurde er Stellvertreter Heinz
Galinskis an der Spitze des Zentralrats der Juden. Im September 1992 wurde
Bubis zum Nachfolger des verstorbenen Galinski gewählt.
Erst vor wenigen Wochen hatte Bubis mit einer bitteren Selbstkritik
seines siebenjährigen Wirkens für Aufsehen gesorgt. Bubis wird nach Angaben
des israelischen Rundfunks an diesem Sonntag in Israel begraben.
Deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens
Hamburg (dpa) Mit der Wahl des Frankfurter Geschäftsmanns
Ignatz Bubis zum Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland kam
1992 neuer Wind in das höchste Gremium der deutschen Juden. Anders als sein
verstorbener Vorgänger Heinz Galinski sah sich Bubis weniger als unbeugsamen
Mahner, denn als "deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens". Er verfocht
seine Meinung gegenüber anders Denkenden offensiv und sprach dabei sogar mit
unverbesserlichen Antisemiten. Immer wieder mischte sich Bubis in die
öffentliche Diskussion ein. So forderte er, gegen rechtsradikale Gewalttäter
hart vorzugehen und den ursprünglichen Asylartikel im Grundgesetz
beizubehalten.
Zum Ende bittere Bilanz gezogen
Dennoch zeigte sich Bubis in jüngster Zeit zum Ende seiner Amtszeit
unzufrieden mit seiner Arbeit. Er habe fast nichts bewirkt, zog er bittere
Bilanz. Jüdische und nichtjüdische Deutsche seien einander fremd geblieben. In
der anschließenden Debatte wurden auch Forderungen laut, Bubis solle nicht für
eine weitere Amtszeit kandidieren. Politiker und Zentralrat der Juden nahmen
Bubis und den "unglaublichen Kraftakt" seiner Arbeit dabei in Schutz.
Bubis war von Haus aus kein Intellektueller, sondern Kaufmann. Sein
Vermögen erwarb sich der im schlesischen Breslau geborene Beamtensohn
(12.01.1927) mit Immobiliengeschäften. Anfang der 70-er Jahre, als die
APO-Generation um besetzte Häuser im Frankfurter Westendviertel kämpfte, zog
er sich den Ruf eines "skrupellosen Spekulanten" zu - dass auch die Stadt
Frankfurt/M. Bürohochhäuser wollte, wurde dabei übersehen.
Holocaust erlebt und überlebt
Bubis hatte den Holocaust erlebt und überlebt. Anfang 1941 gelangte
er in das Getto im polnischen Deblin an der Weichsel, später in ein
Arbeitslager. Sein Vater und zwei Geschwister wurden von Deutschen umgebracht.
"Dass ich noch lebe, ist ein Zufall", sagte Bubis einmal. Nach dem Krieg kam
er über die Stationen Dresden, Berlin, Pforzheim und Stuttgart nach
Frankfurt/Main, wo er bis 1975 einen Schmuck- und Edelmetallhandel betrieb.
Seinen Wechsel in die Immobilienbranche beschrieb er so: "Ich habe Architekten
beschäftigt und mit Baufirmen gebaut und dabei gelernt."
Bereits 1969 war Bubis in die FDP eingetreten und rückte in den
hessischen Landesvorstand auf. Seit 1983 war er Vorstandsvorsitzender der
Jüdischen Gemeinde in Frankfurt, die mit rund 6000 Mitgliedern zweitgrößte
deutsche Gemeinde nach Berlin. Bis Dezember 1992 leitete er sechs Jahre lang
den Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks.
Nach Annahme des Ehrenamts als Zentralvorsitzender stand Bubis rund
40 000 bekennenden deutschen Juden in 75 Gemeinden vor.