Wie das Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde
Frankfurt, Leo Latasch ergänzte, starb Bubis nach einer kurzen schweren
Krankheit. «Ohne zu leiden», wie Latasch hinzufügte. Seit Wochen hatte sich
Bubis wegen der Folgen eines Oberschenkelhalsbruchs nur im Rollstuhl
fortbewegen können.
In einer ersten Reaktion auf den Tod von Bubis erklärte
Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye in der ARD, die Bundesregierung habe mit
großer Betroffenheit von der Todesnachricht gehört. Bubis habe mit nie
versiegender Kraft dazu beigetragen, die Schatten der Vergangenheit kleiner
werden zu lassen. «Er war ein großer Mahner und Kämpfer für ein tolerantes
Deutschland, den wir nicht vergessen werden», sagte Heye. Der Jüdische
Weltkongress erklärte in New York, Bubis sei «ein großer Führer der Juden»
gewesen.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch sagte in
Wiesbaden, mit Bubis verliere Deutschland «eine moralische Instanz, bescheiden
in der persönlichen Lebensführung, glaubwürdig im Handeln, überzeugend im
Wort». Aufopferungsvoll habe er sich als überzeugter Demokrat an vielen
Stellen auch für das Gemeinwesen eingesetzt.
Bubis war in den sieben Jahren seiner Präsidentschaft
unablässig bemüht, die wenigen Zehntausend nach dem Holocaust in Deutschland
verbliebenen Juden in die Gesellschaft zu integrieren. Ihm gelang es, für
diese Aufgabe zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft zu
gewinnen. Gleichwohl beklagte Bubis erst kürzlich in einem Interview, dass er
in seiner siebenjährigen Amtszeit nichts oder fast nichts bewirkt habe.
Jüdische und nicht-jüdische Deutsche seien einander fremd geblieben.
Ferner bedauerte Bubis, dass die Mehrheit der Deutschen
mehr als fünf Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr mit
der Nazi-Vergangenheit konfrontiert werden wollten. Dennoch wollte er im
kommenden Jahr erneut für die Präsidentschaft des Zentralrats kandidieren.
Als Reaktion auf die verbitterten Äußerungen ihres
Präsidenten hatten prominente Mitglieder des Zentralrats die positiven Aspekte
seiner Amtszeit gewürdigt. Die Vizepräsidentin des Gremiums, Charlotte
Knobloch, sagte, Bubis habe enorm viel bewirkt. Durch ihn sei die jüdische
Gemeinschaft in Deutschland erst richtig wahrgenommen worden. Das Interesse am
Judentum sei in seiner bisherigen Amtszeit enorm gewachsen.
Das Präsidiumsmitglied des Zentralrats, Michel Friedman,
Bubis' größtes Verdienst sei die Verdoppelung der Zahl der Mitglieder der
jüdischen Gemeinschaft in Deutschland von 40.000 zu Beginn seiner Amtszeit auf
jetzt rund 80.000 Menschen gewesen. Auch der frühere SPD-Chef und Vorsitzende
des Bonner Vereins «Gegen Vergessen - Für Demokratie», Hans-Jochen Vogel,
hatte die Rückschau des 72jährigen als «zu pessimistisch» bezeichnet.
Bubis wurde am 12. Januar 1927 als siebtes Kind eines
Schifffahrtsbeamten in Breslau geboren. Als er acht Jahre alt war, verließ die
Familie Schlesien wegen des beginnenden Nazi-Terrors und siedelte ins
polnische Deblin um. Bubis überlebte Getto und Arbeitslager, sein Vater wurde
in Treblinka umgebracht. Nach Kriegsende kehrte er ohne Zögern nach
Deutschland zurück und betrieb seit 1956 in Frankfurt am Main einen Schmuck-
und Edelmetallgroßhandel, später war er im Immobiliengeschäft tätig. Seit 1983
war er der Vorsitzende der Jüdischen Geeinde Frankfurts, seit 1992 Präsident
des Zentralrats der Juden in Deutschland. Außerdem engagierte sich Bubis in
der FDP.