Ausländische Studenten an einer Moskauer Hochschule werden für drei Tage in ihrem Wohnheim eingesperrt. Offiziell wird die Ausgangssperre als Feueralarm-Übung deklariert, doch der wahre Grund ist kein Geheimnis: russische Neonazis machen an Hitlers Geburtstag Jagd auf Fremde. Insbesondere Ausländer und "Anders-Aussehende" werden Opfer von Mord und Totschlag: Allein in dieser Woche sind bereits zwei Männer in Moskau erstochen worden...
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Hunderten von Studenten der Staatlichen Medizinischen I. M. Setschenow-Akademie in Moskau wurde mitgeteilt, sie sollten sich mit Nahrungsmitteln für die nächsten Tage eindecken. Von Donnerstag bis einschließlich Samstag würden sie nicht aus dem Wohnheim gelassen, berichtet die AP-Korrespondentin Maria Danilova aus der russischen Hauptstadt.
Nach Angaben von Studenten würden nur Mediziner im Praktikum herausgelassen; andere Studierende benötigten eine Sondererlaubnis der Akademie-Leitung und müssten eine Bestätigung unterschreiben, dass sie für ihre Sicherheit selbst verantwortlich sind.
Eine Studentin aus Israel berichtete, dass das Wohnheim mit 500 Studierenden aus Asien, Zentralasien und dem Kaukasus schon seit mehreren Jahren am Datum des Hitler-Geburtstages abgesperrt wird. Die Akademie-Leitung bezeichnet die Maßnahme als Feueralarm-Übung.
Der Dekan für ausländische Studenten, Sergej Baranow, erklärte der AP-Korrespondentin, es handele sich um Notfallübungen. Auf die Frage, warum ausschließlich ausländische Studierende solche "Übungen" mitmachen müssten, sagte er: "Wir wollen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Dieser Tage ist die Gefahr von Zwischenfällen größer."
Laut Aussage der israelischen Studentin hat noch eine weitere Universität im Zentrum von Moskau ihr Wohnheim für ausländische Studenten in ähnlicher Weise abgeriegelt.
Am Montag Abend waren in Moskau ein 26-jähriger Tadschike und ein 46-jähriger Armenier auf offener Straße ermordet worden. Auf einem Überwachungsvideo wurden zwei Skinheads als Mörder des Tadschiken identifiziert. Das armenische Opfer hatte vor seinem Tod in einer Klinik von drei kahlköpfigen Tätern gesprochen, die schwere Stiefel trugen. Als sie ihn niederstachen, hätten sie rassistische Losungen gebrüllt.
Nach Angaben des Moskauer Informationszentrums
СОВА (SOVA) sind im Jahr 2006 in Russland 54 Menschen durch rassistisch motivierte Gewalt zu Tode gekommen. Ausländische Studenten - insbesondere mit nicht-weißer Hautfarbe - sind häufig Opfer rassistischer Gewalttaten.
Anfang April hatte Alexander Brod, Leiter des Moskauer Menschenrechtsbüros, mitgeteilt, dass in Russland allein im ersten Vierteljahr 13 Menschen aus rassistischen und fremdenfeindlichen Motiven getötet und 50 verwundet worden sind.
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