Leseprobe aus "ISHA":
Frau und Judentum - Ehe
Die jüdische Tradition versteht die
Ehe als Mittel gegen die Einsamkeit (Gen. 2:18) (1), als rechtlichen
Rahmen für die fleischliche Verbindung zwischen Mann und Frau (Gen. 2:
24) (2) und als Basis für die Gründung einer Familie (Gen. 1:27-28) (3).
Im biblischen Text werden diese drei Elemente als gleich wichtig
dargestellt.
Die Begegnungen der Patriarchen und
Matriarchen werden sehr detailliert geschildert. Bei der Verbindung von
Isaak und Rebekka ist die Sorge um die Fortführung der Stammlinie
deutlich: Der Diener Abrahams, des Vaters von Isaak, wird bis
Mesopotamien geschickt, um dort eine Frau aus der eigenen Familie für
Isaak zu finden (Gen. 24:1-4). Bei der Verbindung zwischen Jakob und Lea
und später dann Rachel* sind die Liebesgefühle der Partner wichtiger als
die vorbestimmte Ehe: Jakob arbeitet sieben Jahre lang für seinen
Schwiegervater Laban um Rachel heiraten zu dürfen, die dann heimlich
durch ihre Schwester Lea ersetzt wird, und noch einmal weitere sieben
Jahre für die geliebte Rachel. Die Frau ist eine Arbeitskraft; deshalb
muss der heiratswillige Mann sie bei ihrem Vater entweder mit Geld oder
durch seine eigene Arbeit auslösen.
Die Bibel selbst enthält wenige Texte
zum Eherecht, auch eine Heiratszeremonie ist nirgends beschrieben; diese
Lücke wird erst durch das talmudische Schrifttum gefüllt. Erwähnt werden
einzig Eheverbote wie das Inzestverbot (Lev. 18) und das Gesetz über die
Befreiung der neu vermählten Ehemänner vom Militärdienst für das erste
Jahr nach der Eheschließung (Deut. 24:5); Hintergrund hierfür ist, dass
der Mann seine Frau beglücken soll [vesimach et ischto ascher lakach].
Der für die [eheliche] Verbindung gebrauchte Ausdruck ist "zur Frau
nehmen". Es wird unterschieden zwischen ihr und der eigentlichen
sexuellen Beziehung, die mit einem anderen Begriff ([be'ala (4)],
"beherrschen, besitzen" – daher auch das Wort für "Ehemann" Ba'al (5))
bezeichnet oder auch mit dem Ausdruck "er kam zu ihr" [ba eleha (6))
umschrieben wird. Andererseits folgt meist das eine aus dem anderen: Der
Akt des "zur Frau Nehmens" zieht zweifelsohne eine sexuelle Beziehung
nach sich. Der erste Schritt zur Eheschließung geht vom Mann aus. Die
Rechte der Frauen werden indirekt im Fall der Vielehe angesprochen, die
in der Tora nicht verdammt wird: "Wenn er sich eine andere dazu nimmt:
soll er ihre Kost, ihre Kleidung und ihre Wohnung (7) nicht verringern"
(Ex. 21:10); diese drei Begriffe werden im Talmud wieder aufgenommen,
der Ehe ist hier ein ganzes Traktat, Kidduschin, "Anheiligungen,
gewidmet".
Die beiden Auffassungen von Anschaffung
[Kinian] und Anheiligung [Kidduschin] werden im Talmud miteinander
verbunden. Die "Zueignung" einer Frau kann auf drei Arten erfolgen:
einmal durch die Überreichung einer symbolischen Geldsumme [Kesef], dann
durch einen ihr [vor Zeugen] zu überreichenden Vertrag [Schetar], der
sie ausschließlich an ihren Ehemann bindet, oder durch Kohabitation
[Bia]. Zwar kann der Bibel und der Mischna nach eine eheliche Verbindung
auch einfach durch vollzogenen Beischlaf eingegangen werden, doch der
Talmud versucht das zu unterbinden. Der eigentlichen Eheschließung geht
die Verlobung voraus, während derer ein Vertrag, die Ketuba, aufgesetzt
wird und der Bräutigam der Braut vor zwei Zeugen einen Gegenstand mit
festgelegtem Mindestwert überreicht. Moses Maimonides übernimmt im 12.
Jahrhundert die Vorstellungen des Talmud; auch er gesteht den Beischlaf
als mögliche Form der Eheschließung ein, doch rät wegen der Gefahr der
Promiskuität davon ab (MT, Seder Naschim, Hil. Isch. 3:21-22).
Die Verlobung [Kidduschin oder Erusin]
und die Hochzeit [Nissuin] lagen gewöhnlich ein Jahr auseinander. Mit
der Verlobung galt das Brautpaar als verheiratet, Trennung war nur durch
Scheidung oder Tod möglich, doch der Vollzug der Ehe geschah erst ein
Jahr später, im Chuppa genannten Ehegemach. Ab dem Mittelalter wurden
die beiden Zeremonien der Einfachheit halber häufig verbunden und ab dem
16. Jahrhundert wurde dies allgemeine Praxis. Seitdem wird die
Trauzeremonie unter einem von vier Trägern gehaltenen Baldachin, der
Chuppa, vollzogen (8).
Der Midrasch erzählt, dass Gott bei der
ersten Eheschließung der Schöpfung, der zwischen Adam und Eva, unter
Begleitung musizierender und tanzender Engel selbst amtierte (PdRE 12).
Ein Mann kann mehrere Frauen haben,
umgekehrt eine Frau nicht mehrere Männer (9). Abraham hatte drei Frauen,
Sara und Hagar und dann nach Saras Tod noch Ketura. Jakob nahm Lea und
Rachel mit Bilha und Zilpa. König Salomon hatte siebenhundert Frauen und
dreihundert Konkubinen, doch das Deuteronomium missbilligt eine solche
große Zahl an Frauen: "Auch soll er sich nicht viele Frauen nehmen, dass
sein Herz nicht abtrünnig werde..." (17:17) Diese Einschränkung gilt für
Könige, die durch die Vielzahl ihrer Frauen von ihren politischen
Aufgaben abgelenkt werden könnten (Sanh. 21a). Insgesamt gibt es in der
Bibel nur wenige Beispiele für Polygamie, im Talmud kommen sie gar nicht
vor. Da die Polygamie während der talmudischen Epoche tatsächlich nicht
mehr existierte, sind alle Diskussionen hierüber rein theoretisch. In
den aschkenasischen Ländern wird die Mehrehe im 12. Jahrhundert durch
einen Rabbenu Gerschom (10) zugeschriebenen Gesetzeszusatz (Takkana)
verboten, doch in sephardischen Kreisen wurde sie bis ins 19.
Jahrhundert praktiziert.
Dem Talmud nach (Kid. 2a) muss die Frau
der Eheschließung zustimmen; allerdings wurde Schweigen als Zustimmung
gewertet. Da die Ehen häufig von den Eltern arrangiert wurden, beugte
sich die Tochter deren Wahl, mehr noch, da zur talmudischen Zeit Mädchen
häufig schon im Alter von zwölf Jahren oder sogar jünger in die Ehe
gegeben wurden. Durch den Ehevertrag ging sie aus der Obhut ihres Vaters
in die ihres Ehemannes über.
Eine weitere Funktion der Ehe in der
talmudischen Zeit ist die Kontrolle der sexuellen Triebe (11): "Wer
zwanzig Jahre alt ist und unverheiratet, lebt in der Sünde. In der
Sünde, wie kommst du darauf!? – Sage vielmehr, in sündhaften Gedanken."
(Kid. 29b). Die Ehe ist der Ort, wo sexuelle Bedürfnisse ausgelebt
werden können. Einige Rabbinen sprechen auch Frauen solche Bedürfnisse
zu, anderen zufolge sind sie dagegen immun! Es ist interessant zu sehen,
wie Männer über Frauen urteilen, ohne dass diese selbst eine Chance
haben, sich zu äußern. So erfahren wir: "eine Frau will eher heiraten
und ein Mann sich nicht verheiraten" (???Stellenangabe falsch) und "eine
Frau ist lieber arm und verheiratet als reich und alleinstehend" (Sota
20a). Aus diesen Gründen – dem angenommenen Ehewunsch der Frau und die
Tatsache, dass die Gesetzgebung immer auf den Mann ausgerichtet ist -,
besteht die Tradition vor allem für den Mann auf einer Eheschließung:
"Ein Mensch der keine Frau hat , lebt ohne Freude, ohne Segen und ohne
Güte." (Jev. 62b) oder auch: "Ein Mensch der keine Frau hat, ist kein
Mensch, denn es heißt: 'Mann und Weib erschuf er sie etc. und nannte
ihren Namen Mensch.'"(Gen. 5:2 zitiert in Jev. 63a).
Auch die Frau findet [nach talmudischer
Auffassung] Erfüllung in der Ehe, doch die für sie verwendeten Begriffe
sind auffallend anders: "Das Weib ist ein formloser Klumpen und schließt
ein Bündnis nur mit dem, der es zum fertigen Geräte macht, denn es heißt
'denn dein Gemahl ist dein Schöpfer; der Herr der Heerscharen ist sein
Name. '"(Sanh. 22b). Der Vergleich der unverheirateten Frau mit einem
formlosen Klumpen (12) und der verheirateten Frau mit einem Gerät zeigt,
dass sie ohne ihren Mann nichts ist und erst in der Ehe ihren Nutzwert
erhält. Auch wenn die Texte über Männer und Frauen von der gleichen
Grundannahme ausgehen – Mann und Frau können nur gemeinsam ihr Potential
verwirklichen und erst wenn sie vereint sind gleichen sie Gottes
Ebenbild -, ist doch die für die Frau verwendete Bildsprache wesentlich
negativer als die für den Mann gebrauchte.
Dem Midrasch nach (Gen. R. 8:1) war der
erste Mensch in Wirklichkeit ein androgynes Wesen, das dann in zwei
geteilt wurde um zu Mann und Frau zu werden. Die Verbindung zwischen
Mann und Frau bedeutet eine Rückkehr zum ersten mythischen Wesen, das
"im Bild Gottes" geschaffen wurde. Im zweiten Schöpfungsbericht nimmt
Gott eine Rippe aus der Seite des schlafenden Adam um daraus eine Frau
zu bilden. Die Tradition sagt dazu, dass der Mann auf der Suche nach
einer Frau auf der Suche nach seiner verlorenen Rippe ist: "[...] weil
es die Art des Mannes ist, nach einer Frau zu suchen, nicht aber die Art
der Frau, nach einem Manne zu suchen. Dies ist mit dem zu vergleichen,
der etwas verloren hat; Wer sucht wen? Der Verlierende sucht das
Verlorene" (Kid. 2b). Entsprechend ihrer Rolle in einer
patriarchalischen Gesellschaft wird hier die passive Rolle der Frau
unterstrichen; der Mann ist es, der gewissermaßen durch die Frau
vervollständigt wird.
Eine Ehefrau sollte um nicht ihres
Vermögens willen ausgesucht werden (13). Vorzugsweise sollte ihr Vater
ein Gelehrter sein (14). Ein Mann sollte seine Frau vor der Hochzeit
sehen, damit er an ihr nicht etwas Abstoßendes findet (Kid. 41a). Eine
schöne Gestalt (15) ist ebenso wichtig wie Tugendhaftigkeit (16). In der
talmudischen Zeit entwickelt sich die Aufgabe des Schadchen, des
"Heiratsvermittlers". Dennoch merkt der Talmud an: " Es ist ebenso
schwer, Paare zu bilden wie das Schilfmeer zu spalten" (Sota 2b, Sanh.
22a-b), an anderer Stelle heißt es, Gott schaffe die Ehen (17) ( Sota
2a, Sanh. 22a-b), und Gott weile zwischen den Partnern, wenn Mann und
Frau sich als verdienstvoll erweisen. Der Midrasch erzählt (Gen. R.
68:4) von einer römischen Matrone, die versuchte es Gott gleich zu tun
und in einer Nacht Tausend Ehen zu stiften, sich aber angesichts der
grün und blau geprügelten Ehepartner eingestehen musste, dass dies keine
leichte Aufgabe ist.
Männern wurde die Eheschließung mit
achtzehn Jahren angeraten (nach Avot 5:21) und bei Mädchen rät der
Talmud (Kid. 41a) von der Verheiratung Minderjähriger ab. Gleichwohl
wurden die Mädchen im mittleren Orient und in Nordafrika im Alter von
zwölf Jahren oder sogar jünger verheiratet, während Jungen einiges älter
sein konnten; in Osteuropa hatten Beide bei ihrer Verehelichung gerade
die Pubertät erreicht. Diese Frühehen hatten oft einen wirtschaftlichen
Hintergrund: Wenn die [finanzielle] Situation der Eltern eine Mitgift
erlaubte, wollte man das sofort ausnutzen und nicht eine
Verschlechterung der Situation abwarten.
Der Hochzeitstag wird mit Jom Kippur
verglichen; an ihm werden alle Verfehlungen der Vermählten ausgelöscht
(Stelle?). Aus diesem Grund haben Eheleute an ihrem Hochzeitstag häufig
für die Vergebung ihrer Sünden gefastet. Die Eheschließung wird als ein
Neuanfang gesehen.
Mann und Frau schulden sich gegenseitig
Respekt – auch wenn der von der Frau geforderte Respekt häufig mit
Gehorsam gegenüber dem Ehemann und Erfüllung häuslicher Aufgaben
gleichgesetzt wird. Der Ehemann soll seiner Frau kein Unrecht antun,
denn ihre Tränen rufen Gottes Zorn hervor (nach BM 59a; Jev. 62b; Chul.
84b). Hatte ein Mann eine kleine Frau, sollte er sich herabbeugen um ihr
zuzuhören (BM 59a). Der Mann hatte seine Frau mit Nahrung, Kleidung und
Wohnung zu versorgen und auch ihre Sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen.
Die Ketuba, der Ehevertrag, dient als Schutz für die Frau im Falle einer
Scheidung* oder im Todesfall. Entsprechend der Mischna obliegt der Frau
die Pflicht, für ihren Mann im Gegenzug zu „mahlen, backen, waschen,
kochen, ihr Kind zu stillen, sein Bett zu bereiten und Wolle zu spinnen"
(Kid. 11a), wenn sie nicht Mägde als Mitgift in die Ehe gebracht hat.
Doch Rabbi Elieser sagt, selbst wenn sie viele Mägde mit in die Ehe
gebracht hat, solle der Mann sie zum Spinnen anhalten, weil Müßiggang
zum Laster führt (M. Ket. 5:5).
Das traditionelle Bild der Frau
verbindet sie mit dem Haushalt, weil sie ihre wichtigsten Aufgaben im
Rahmen der Familie hat. Die Frau wird "das Haus des Mannes"genannt (Joma
2a; Schab. 118b), sie bringt Segen über das Haus (BM 59a). Einige
moderne Kommentatoren versuchen apologetisch die Reduktion der Frau auf
private, nichtöffentliche Aufgaben zu überspielen, indem sie sie zur
"Königin des Hauses" erklären; dies entspricht jedoch ganz einer
patriarchalischen Zuordnung der häuslichen Aufgaben.
Die Frau hatte dem Mann zu dienen um
seine Liebe zu gewinnen. Maimonides meint mit Verweis auf Rabbi Isaak,
sie habe ihm auch das Gesicht sowie Hände und Füße zu waschen (MT, Isch.
21:3).An anderer Stelle sagt er: "Die Ehrerbietung einer Frau für ihren
Mann muss grenzenlos sein, die Furcht vor ihm muss mit ihr sein, und sie
hat in allem seinen Anweisungen zu folgen In ihren Augen soll er wie ein
Fürst oder König sein, der in Allem seinen Herzenswünschen folgt" (MT,
Isch. 15:20). Diese völlige Unterwerfung der Frau unter ihren Mann folgt
der Vorstellung des Midrasch: "allein eine Frau, die den Willen ihres
Mannes tut, ist geziemend und würdig" (Jal. Schoftim 4, Abschn. 42).
Dies entspricht auch dem sozialen und rechtlichen Status der Frau, denn
es heißt über die Frau wie über den Sklaven: Der Erwerb einer Frau
gehört ihrem Mann (Ket. 65b). Falls die Frau vor dem Ehemann stirbt,
erbt dieser den von ihr in die Ehe eingebrachten Besitz und alle von ihr
erhaltenen Geschenke. Umgekehrt erbt die Frau jedoch nicht, wenn ihr
Mann stirbt. Im Jerusalemer Talmud erklärt Rabbi Jossi, dass alles was
eine Frau findet ihrem Manne gehört da "sie mit der Behauptung, sie habe
es gefunden, nichts aus dem Besitz ihres Mannes stehlen würde" (TJ, Ket.
5). Hier kommt ein allgemein mangelndes Vertrauen gegenüber Frauen zum
Ausdruck.
Bei allen Entscheidungen ist die Frau
ebenfalls vom Mann abhängig. Raschi schreibt: "Er hat Macht, weil
niemand seine Absicht in Frage stellen kann, jedoch kann der Mann seine
Frau daran hindern, zu tun worum man sie bittet" (Raschi über Kid. 20b).
"Denn eine Frau ist wie ein Sklave, denn der Mann besitzt ihrer Hände
Arbeit und alles von ihr erschaffene, genau wie der Herr eines Sklaven
mit gleichem Recht den Nutzen aus dem Erwerb des Sklaven zieht." Zu den
Segenssprüchen am Morgen (18) erklärt er hingegen: "Frauen und Sklaven
sind zwar in Bezug auf die Gebote vergleichbar, dennoch ist der Status
des Sklaven etwas niedriger" (Raschi über Men 43b).
Wie bei vielen anderen Themen, die
Frauen betreffen, finden wir in der jüdischen Tradition konträre
Meinungen als Ausdruck unterschiedlicher Mentalitäten. Der Talmud bemüht
sich, Gemeinsamkeit herzustellen; so zum Beispiel bei den beiden
biblischen Phrasen "Wer ein Weib gefunden, hat Gutes gefunden" (Sprüche
18:22) und "Ich habe bittereres gefunden als den Tod, dies ist das Weib
deren Herz nichts ist als Schlingen und Fallstricke und deren Arme
Fesseln" (Eccl. 7:26). Der Widerspruch wird wie folgt aufgelöst: "Ist
eine Frau gut, so hat ihre Güte kein Ende und ist eine Frau schlecht,
hat ihre Schlechtigkeit kein Ende" (Jev.63). In ihrer Extremität zeigen
diese beiden positiven und negativen Ansichten, dass die Frau dem Manne
im Grunde fremd ist. Eine vergleichende Studie zeigt, dass Frauen in der
hellenistischen Gesellschaft die gleiche Rolle wie die jüdischen Frauen
inne hatten. Welche Gesellschaft die andere beeinflusst hat, ist schwer
zu sagen; die Ähnlichkeit weist jedoch darauf hin, dass es sich hier um
ein mit dem Sozialverhalten dieser Epoche zusammenhängendes allgemein
menschliches Phänomen handelt. (19)
Die Hochzeit war in der jüdischen
Geschichte eine einseitige Zeremonie [mit dem Mann als handelndem
Partner]; im traditionellen Umfeld ist sie das bis heute geblieben, doch
in konservativen und liberalen Kreisen beruht sie auf Gegenseitigkeit,
Mann und Frau haben die gleichen Rechte und Pflichten. Historische
Veränderungen und besonders die Emanzipation der Frau, machen es möglich
die [talmudischen] Texte im Lichte der Idee von der Gleichberechtigung
von Männern und Frauen neu zu bewerten. Dabei ist die Ehe zu einem
Vertrag zweier jüdischer Menschen mit gleicher rechtlicher Verantwortung
geworden.
Anmerkungen:
(1) "Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei: Ich will ihm machen
eine Gehilfin, wie sie ihm zustehe."
(2) "Darum verlässt der Mann seinen Vater und seine Mutter und hängt an
seiner Frau, und sie werden zu einem Fleische."
(3) "Und Gott schuf den Menschen in seinem Bilde, im Bilde Gottes schuf
er ihn; Mann und Frau schuf er sie. Und Gott segnete sie und sprach:
Seid fruchtbar und mehret euch...".
(4) z. B. Deut. 24:1.
(5) Aufgrund dieser Ethymologie ziehen es heute manche Frauen vor im
modernen Hebräisch das Wort Ischi (mein Mann) und nicht Ba'ali (mein
Meister) zu verwenden; so wie es auch in Hos. 2:18 steht.
(6) Z.B. Deut. 22:13.
(7) Übs: Bedeutung unsicher, Gesenius übersetzt mit "Beiwohnung", Bebe
mit "eheliche Rechte".
(8) Siehe: Heirat
(9) Siehe: Polygamie
(10) 960-1028 CE.
(11) Siehe: Sexualität
(12) Das hebräische Wort ist Golem, das heißt "lebloses Ding", doch
Raschi kommentiert "ein unfertiges Gerät".
(13) "Wer eine Frau des Geldes wegen nimmt, bekommt unwürdige Kinder"
(Kid. 7oa).
(14) "Stets verkaufe ein Mann alles, was er besitzt, und heirate die
Tochter eines Schriftgelehrten, [...]Findet er keine Tochter eines
Schriftgelehrten, so heirate er die Tochter eines bedeutenden Mannes;
findet er keine Tochter eines bedeutenden Mannes, so heirate er die
Tochter eines Synagogenvorstehers; findet er keine Tochter eines
Synagogenvorstehers, so heirate er die Tochter eines Almosenverwalters;
findet er keine Tochter eines Almosenverwalters, so heirate er die
Tochter eines Kinderlehrers" (Pes. 49b).
(15) "Glücklich ist der Mann einer schönen Frau; die Anzahl seiner Tage
wird verdoppelt", und für die Gegenmeinung siehe: Eschet Chajil*
(16) "Wer ist reich? Der Mann, der mit einer tugendhaften Frau
verheiratet ist" (Schab. 25b).
(17) Dies schafft ein theologisches Problem für die Frage der freien
Entscheidung und auch für zum Scheitern verurteilte Ehen.
(18) Übs.: in denen es u.a. heißt: "Gesegnet seist Du, Ewiger unser
Gott, König der Welt, der mich nicht als Sklaven erschaffen hat", bzw.
auch "[...], der mich nicht als Frau erschaffen hat."
(19) Siehe: Eliezer Berkovits, Jewish Women in Time and Torah, S. 25-28.
hagalil.com 14-08-03
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