Sehr
geehrte Damen und Herren, die
Frage lautet:
- Wie beweise ich, dass ich jüdisch bin?
Vorbemerkung:
- Die jüdische wie jede andere religiöse Gemeinschaft ist exklusiv. Die
Zugehörigkeit wird durch Geburt bestimmt oder durch eine Aufnahme. Ein
Nachweis für die Zugehörigkeit wird in der Regel nicht verlangt, zumal sehr
viele Juden den Nachweis gar nicht erbringen könnten. Der Nachweis wird erst
bei kultischen Handlungen verlangt, wie etwa bei der religiösen
Eheschließung, bei der Beschneidung, bei Bar-Mitzwa und bei der Bestattung
auf dem jüdischen Friedhof.
Ferner wird der Nachweis bei einer zweifelhaften Zugehörigkeit zum Judentum
verlangt. Wer im Bewusstsein seines Judentums in einer jüdischen Umgebung
aufwächst und lebt und von seinen Mitmenschen als Jude anerkannt ist, von
dem wird auch angenommen, er sei Jude.
- Ist man aus welchen Gründen auch immer überzeugt, man sei jüdischer
Abstammung, also Nachkomme einer Jüdin, die wiederum jüdisch geboren wurde
usw., kann man ohne weiteres seinen Alltag nach jüdischen Gebräuchen
einrichten und sein Judentum praktizieren.
Antwort:
- Das Problem der Anerkennung von einer jüdischen Gemeinde als Mitglied der
Gemeinschaft taucht wie gesagt dann auf, wenn man von der Gemeinde bzw. vom
Rabbiner eine gewisse religiöse Handlung vollzogen haben möchte. Hier kommt
man ohne Nachweis nicht weiter. Wie kann der Nachweis erbracht werden?
- Besitzt man eine Geburtsurkunde der Mutter und der Großmutter
mütterlicherseits, in der die Bezeichnung Jüdin vermerkt ist, oder eine
Eheschließungsurkunde der
Eltern und er Großeltern mit der Eintragung "jüdisch", oder gar eine
jüdische Eheschließungsurkunde, eine Ketuba, ist der Nachweis einfach.
Jedoch ist das ein Idealfall und wird im Zweifel nur selten zu finden sein.
Andere Urkunden, wie z.B. der Mitgliedsausweis einer kommunistischen Partei
im "Ostblock" und andere Unterlagen, die den Vermerk "jüdisch" enthalten,
können hilfreich sein.
- Leben noch Familienmitglieder, die über jüdische Gebräuche berichten
könnten, gäbe es da Anhaltspunkte, um die Zugehörigkeit zum Judentum
glaubhaft zu machen oder um weiter zu recherchieren.
- Familienfotos und Grabsteine auf einem jüdischen Friedhof wären ebenfalls
nützlich.
- Wenn all diese Möglichkeiten ausscheiden, was nach der Schoa und den
vielen einzelnen tragischen Schicksalen oft der Fall ist, dann kann ich nur
raten, sich an Personen oder Institutionen zu wenden, die sich auf die
Recherche der Vorfahren und der Abstammung spezialisiert haben.
- Sollten sich gar keine Anhaltspunkte für eine jüdische Abstammung finden
lassen, muss an eine Konversion gedacht werden. Abgesehen von dem Umstand,
dass die Konversion, je nach Rabbiner und Bet-Din, kurz oder langwierig,
leicht oder entnervend und erniedrigend sein kann, ist sie weder ehrenrührig
noch widerspricht sie (auch bei jemandem, der bereits unbekannterweise dem
jüdischen Volk zugehörig ist) der Halacha, dem jüdischen Religionsrecht.
Nachbemerkung:
So makaber es ist, muss man wiederholt feststellen, dass die Nazis mit ihrem
Arier-Nachweis auch für Leiden von manchen nach dem Dritten Reich geborenen
jüdischen Kindern gesorgt haben. Während der Naziherrschaft, und sogar nach
dem Zusammenbruch des Dritten Reiches versuchten manche Juden, besonders die
assimilierten unter ihnen, jede Beziehung zum Judentum zu vernichten. Ihre
Nachkommen haben die größten Schwierigkeiten, ihren Juden-Nachweis zu
erbringen. Mit freundlichen Grüßen
Bar Rav Nathan |