Sehr
geehrte Damen und Herren, die
jüdisch-aschkenasische Küche kennt das Gericht Zwiebeleier.
Es ist eine einfach zuzubereitende Speise, die am Mittag
des Schabbat als Vorspeise gegessen wird. Man nehme gekochte Eier (die
selbstverständlich am Vortag gekocht wurden), man schneide Zwiebeln klein,
füge Salz, Paprika, Pfeffer hinzu und je nach Geschmack auch etwas
Hühnerleber, vermische gründlich und schon ist eine köstliche Vorspeise zum
Servieren fertig.
Nun hörte ich neulich, dass bei manchen orthodoxen Juden –
in diesem Fall handelt es sich um Juden polnischer Herkunft und Anhänger des
Rebben von Gur – die Zwiebeleier nicht von der Hausfrau am Schabbat
Vormittag und nicht in der Küche, sondern vom Familienvater im Esszimmer
unmittelbar vor dem Essen zubereitet werden.
Die Begründung hierfür lautet wie folgt:
Zwiebeln haben die Eigenschaft, dass sie geschnitten und
mit anderen Lebensmitteln vermischt einen Kochprozess in Gang setzen. Das
Kochen ist bekanntlich am Schabbat verboten, also muss man die Zwiebeleier
bald nach der Zubereitung essen, um sie nicht zum "Kochen" zu bringen.
Obwohl meine Familie orthodox ist und meine Vorfahren seit
Generationen Rabbiner waren, war mir dieser Brauch unbekannt. Auch andere
mir bekannte Rabbiner kennen diesen Brauch nicht.
Was haben Zwiebeleier mit der Rubrik "Frag den Rabbi" zu
tun?
In der Stellungnahme zur Frage
"Zugfahrt am Schabbat" habe ich die Meinung geäußert, dass manch ein
Gläubiger zur übertriebenen Strenge neigt. Das ist ein Beispiel für einen
Brauch, der in der Halacha (dem jüdischen Religionsgesetz) nicht begründet
ist.
Mit freundlichen Grüßen
Bar Rav Nathan
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