Sehr
geehrte Damen und Herren, die Frage:
- Ist es erlaubt an Schabbat den Zug zu benutzen?
- Was, wenn eine Fahrkarte gekauft werden soll?
Antwort:
Es sind insbesondere drei wichtige Regeln, die beachtet
werden müssen:
- Am Schabbat darf nicht gearbeitet werden.
- Am Schabbat darf kein Feuer entfacht werden, wobei man
unter Anzünden auch das Lichtanknipsen, einen Funken erzeugen, versteht.
- Am Schabbat darf man sich nicht weiter als ca. einen
Kilometer von der Stadtgrenze entfernen.
Nachdem in der Vergangenheit das Fahren am Schabbat von
den Rabbinern sehr streng behandelt und jede Lockerung bezüglich des Verbots
abgelehnt wurde, hat sich in den letzten Jahrzehnten eine zeitgemäße
Einstellung verbreitet, die insbesondere auch von dem bekannten Rabb. Mosche
Feinstein (1895-1986) vertreten wird. Die Fahrt am Schabbat mit einem Zug,
U-Bahn, Bus ist unter folgenden Bedingungen erlaubt:
- Die Fahrt sollte innerhalb der Stattgrenzen erfolgen
(die 1000 Meter außerhalb der Stadt nicht überschreiten).
- Es darf keine Zahlung am Schabbat geleistet werden. Eine Monatskarte wäre
z.B. akzeptabel.
- Die Fahrkarte darf gezeigt, aber vom Benutzer nicht gelocht oder
abgestempelt werden, weil das Arbeit wäre.
- Die Fahrt muss einem religiösen Zweck dienen, wie z.B. der Teilnahme an
einem Gottesdienst.
- Der Jude sollte bei einer solchen Fahrt möglichst nicht auffallen. Es
sollte unter den Glaubensgenossen nicht der Anschein erweckt werden, das
Fahren am Schabbat sei allgemein erlaubt.
Nachbemerkung:
Wenn ich die Stellungnahmen mancher Rabbiner zum
Thema Fahren am Schabbat bedenke, so gibt es nach meiner Einschätzung zwei
wichtige Gründe, die sie daran hindern, den Mitgliedern ihrer Gemeinden die
oben erwähnte eingeschränkte Erlaubnis für das Fahren am Schabbat zu
erlauben.
1. Eine strenge Auslegung der Gesetze und Gebräuche
Es ist bekannt, dass Gläubige (einerlei welcher
abrahamitischen Religion), die bei der Handhabung ihrer Gesetze unsicher
sind, zur Strenge neigen, denn dass ist der sicherere Weg, und auf alle
Fälle - es kann nicht schaden.
Ferner ist es bekannt, dass eine erleichternde Auslegung
schwieriger und komplizierter zu begründen ist als eine erschwerende. Nicht
von ungefähr haben unsere Weisen im Talmud an einigen Stellen bemerkt: „Die
erleichternde Ansicht ist bevorzugter“.
Ferner ist es bekannt, dass manche Geistliche oder
religiöse Gruppen (auch hier könnte man sagen, einerlei welcher
abrahamitischen Religion sie angehören), in der Handhabung der Gebräuche und
Gesetze miteinander um die Strenge geradezu wetteifern. Wer sich strenger
gebärdet, soll besser und „treuer“ sein, was manchmal sogar zu Extremismus
und Sektierertum führt.
2. Die Heiligkeit des Schabbat
Der siebente Tag der Woche ist für die Juden nicht
lediglich ein Ruhetag. Er ist mehr als das, man könnte fast sagen, er
beinhalte die Grundsätze des Judeseins. Der Tag ist heilig, denn Gott hat an
diesem Tag geruht und ihn geheiligt. Gott hat auch befohlen, dass an diesem
Tag nicht nur der Jude und seine Familie, sondern auch seine Mägde und
Knechte, sein Vieh und der Fremde ruhen sollen, eben weil der Tag heilig
ist.
In der vorchristlichen Zeit, als die anderen Völker um
Israel herum noch sieben Tage in der Woche arbeiteten und über die „faulen“
Juden spotteten, empfanden die Juden eine besondere Beziehung zu diesem Tag.
Der Prophet Jesaja (8. Jh. v.) formulierte das so:
„Wenn du am Sabbat nicht deine übliche Wege gehst / und an
meinem heiligen Tag keine Geschäfte machst, wenn du den Sabbat (den Tag der)
Wonne nennst, / einen Ehrentag den heiligen Tag des Herrn, wenn du ihn
ehrst, indem du keine Gänge machst, / keine Geschäfte betreibst und keine
Verhandlungen führst, dann wirst du am Herrn deine Wonne haben …“ (Jesaja
58, 13).
Der Schabbat soll also in jeder Beziehung ein besonderer
Tag sein, er soll sich von den anderen Tagen grundsätzlich unterscheiden. Er
ist ein Geschenk des Herrn an sein Volk und das Volk soll sich auch
dementsprechend verhalten.
Im Talmud wurde die Aussage des Propheten so verstanden,
dass selbst Arbeiten, Handlungen und Maßnahmen, die laut Gesetz der Tora am
Schabbat nicht verboten sind, möglichst unterlassen werden, um die
Heiligkeit des Tages hervorzuheben. Hier einige Beispiele:
- Man soll am Schabbat nicht hastig umhereilen wie an
einem Werktag, sondern gemütlich gehen. Wenn man allerdings zum Gottesdienst
in die Synagoge eilen muss oder Kinder eine Freude beim Laufen und Springen
empfinden, soll es gestattet sein.
- Es ist nicht verboten, am Schabbat auf dem eigenen Feld
oder Acker zu spazieren, man soll aber bei dieser Gelegenheit keine
Arbeitsmaßnahmen planen oder Messungen vornehmen, obwohl diese nicht direkt
verboten sind.
- Das Reden ist selbstverständlich nicht verboten, aber
geschäftliche Besprechungen mindern das Gefühl der Heiligkeit des Schabbat
und sollten den Werktagen vorbehalten bleiben.
Weisheit, Mut und Einsicht in die Bedürfnisse der Menschen
sind notwendig, um den Ruhetag Gottes als einen Tag der Freude und
Inspiration zu bewahren.
Mit freundlichen Grüßen
Bar Rav Nathan
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