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Aus der Rubrik "Frag' den Rabbi":
Der Messias – seine Kennzeichen
Herr Dr. Miller übt seine Arbeit im Rahmen von haGalil ehrenamtlich aus. Das ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. Trotzdem würde er es begrüßen, wenn Sie unseren Spendenaufruf berücksichtigen könnten. Nach jüdischer Lehre ist die Spende für Bedürftige oder für einen guten Zweck eine Mizva, ein religiöses Gebot, das im Himmel als gute Tat berücksichtigt wird.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Frage:

- Welche Kriterien gibt es zur Erkennung des Messias?

- Gab es diese schon zurzeit von Jesus und wenn Ja, haben sie sich geändert?

Vorbemerkung:

Ein katholischer Religionslehrer hat Schwierigkeiten, seinen Schülern zu erklären, auf welchen Messias die Juden zurzeit von Jesus gewartet haben. Er erwartet von mir eine kurze Antwort, was ich beim besten Willen nicht leisten kann.

Antwort:

- In der Tora, den sogenannten fünf Büchern Moses, dem maßgeblichen Gesetzeswerk des hebräischen Testaments, findet man keinen Hinweis zum Thema Messias, wohl aber Kriterien zur Erkennung eines Propheten (5. Moses, Kap. 13 und 18).

- Die Erklärung hierfür ist einfach. Das Deuteronomium (das 5. Buch Moses) wurde höchstwahrscheinlich in der Zeit des ersten judäischen Reiches geschrieben. Die Frage nach einem Messias konnte gar nicht aufkommen. Es gab zu der Zeit einen Messias, und zwar war es der jeweils herrschende gesalbte König aus dem Geschlecht David. Das Wort Messias ist das hebräische Wort Maschiach, nur anders ausgesprochen, und es bedeutet „der Gesalbte“.

- Die Sehnsucht nach einem Erretter, nach einem König, der das Volk aus der Bedrängnis herausführt, kam immer dann auf, wenn die Unterdrückung durch fremde Mächte besonders schwer lastete. Diese Sehnsucht korrespondierte oft mit den Vorstellungen von der Endzeit.

- Nach jüdischem Glauben wird der Messias noch kommen. Eines der dreizehn Glaubenssätze des Maimonides (1135-1204), die Dogmen entsprechen, ist die Ankunft des Messias.

- Allerdings gab es in der jüdischen Geschichte einige Personen, die fälschlicherweise für den Messias gehalten wurden. In der Regel brachten diese Menschen, die „falscher Messias“ genannt werden, Unglück über ihre Anhänger, und sie selbst sind dabei meistens elend zu Grunde gegangen.

- Josephus Flavius berichtet, dass bereits im 1. – 2. Jh. v.d.Z Menschen aufgetaucht sind, die sich Messias nannten und den Juden die Befreiung von den Römern versprachen.

- Der erste falsche Messias, der eine große, wenn auch negative Wirkung auf das Schicksal des jüdischen Volkes hatte, war Bar-Kochba. Er war ein großer Kämpfer und organisierte einen Aufstand gegen die römische Besatzungsmacht. Drei Jahre lang war er siegreich; er trotzte den römischen Legionen vom Jahr 132 bis 135, als seine restlichen Anhänger von den Römern niedergemacht wurden. Die Römer richteten danach ein beispielloses Blutbad unter der jüdischen Bevölkerung an. Der richtige Name von Bar Kochba war Bar Kusiva. Vermutlich stammte er aus dem Dorf Kusiva. Näheres aus seiner Biographie ist nicht bekannt. Rabbi Akiva, einer der geistigen Führer des Volkes, war einer der Befürworter des Aufstands. Er hielt den militärischen Führer des Aufstands für den Messias und nannte ihn deshalb Bar Kochba, was „Sohn der Sterne“ bedeutet.

- Obschon die Erfahrungen des jüdischen Volkes mit Messiassen nicht gut waren, gab es immer wieder Menschen, und zwar bis in unsere Tage, die an seine erfolgte Ankunft glaubten. Von denjenigen, die glaubten, der Messias zu sein und auch Anhänger gefunden haben, sollen nur einige genannt werden: David Alroi 12. Jh., Schlomo Molcho 16. Jh., Schabtai Zwi, 17. Jh.

Etwas ausführlicher soll hier von einem Fall berichtet werden, der in einem Schreiben des Maimonides an die jüdische Gemeinde von Marseille geschildert wird. Hier eine gekürzte Zusammenfassung:
- „Über die Angelegenheit mit dem Messias wollte ich euch aufklären. Es war im Lande Jemen, vor etwa zweiundzwanzig Jahren, da kam ein Mann und erzählte, er sei der Wegbereiter des Messias, der in Jemen erscheinen werde. Es scharten sich um ihn viele Menschen, Juden und Araber und er führte sie in die Berge und sie irrten herum, wobei er ihnen immer sagte, wir müssen dem Messias entgegen gehen. Und so schrieben mir unsere Brüder in Jemen und berichteten über sein Verhalten, über die Wunder die er vollbracht und über die neuen Gebete, die er eingeführt hatte. Ich habe alles verstanden und erkannte, dass dieser arme Mann ein Ignorant, zwar ein frommer Mensch ist aber ganz und gar keine Weisheit besitzt, und alles, was sie über seine Taten erzählten, nicht stimmte. Ich hatte also Angst um die dortigen Juden und habe ihnen über die Erkennungsmerkmale des Messias geschrieben und sie gewarnt, dass ihm und ihnen eine große Gefahr drohte. Kurzum, nach einem Jahr wurde er von einem der arabischen Fürsten gefangen genommen. Er behauptete, dass er alles nur im Namen Gottes und als sein Gesandter getan habe. Der Fürst wollte einen Beweis haben. Darauf antwortete er: Schlagen Sie mir den Kopf ab, danach werde ich aufstehen und wie ehedem leben. Der Fürst hat diesen Vorschlag akzeptiert.“ Wie es weiterging, kann sich jeder selbst vorstellen.

- Maimonides war der einzige Gelehrte, der sich ausführlicher mit den Erkennungsmerkmalen des Messias befasst hat. Auch hier wieder das Wichtigste zusammengefasst:
1. Der Messias König wird das Reich Davids wieder errichten. Er wird den Heiligen Tempel aufbauen und die Zerstreuten Israels zurückholen. Das Gesetz und der Gottesdienst werden sein wie ehedem.
2. Und glaube nicht, dass der Messias König Wunder und Zeichen vollbringen, und Neues in der Welt erzeugen und die Toten auferstehen lassen wird. Rabbi Akiva war ein großer Weiser. Und er glaubte, dass Bar Kusiva der Messias König sei. Er und die anderen Weisen jener Generation glaubten es, bis er umgekommen ist, und da er umgekommen ist erkannten sie, dass er es nicht war.
3. Und wenn ein König aus dem Geschlecht Davids auftauchen wird, der gelehrt und fromm wie sein Vorfahr David sein wird, und er wird alle Israeliten dazu bringen, die Gesetze der Tora einzuhalten, und er wird die Kriege Gottes führen, so ist anzunehmen, dass er der Messias König ist. Wenn er dies alles getan und dabei Erfolg hatte und alle benachbarten Völker besiegt und den heiligen Tempel erbaut und die Zerstreuten Israels heimgeholt hat, so ist er der Messias. Wenn er aber keinen Erfolg hatte oder umgekommen ist, so ist es sicher, dass er nicht der verheißene Messias ist, sondern ein König wie die anderen gerechten Könige aus dem Hause David, die der Heilige, gelobt sei er, gesandt hat, um das Volk zu prüfen und auf die Zeit des wahren Messias vorzubereiten. Auch Jesus der Nazarener glaubte der Messias zu werden, wurde aber vom Gericht hingerichtet. Und all die Prüfungen, Jesus der Nazarener und der Araber, der nach ihm gekommen ist, waren nichts anderes als die Wegbereiter des Messias Königs, der die Welt so weit bringen wird, dass alle Menschen zusammen Gott dienen.

Mit freundlichen Grüßen
Bar Rav Nathan

Die Anfrage:

Sehr geehrter Herr Dr. Miller,

ich bin katholischer Religionslehrer an einem Gymnasium. In meinem Religionsunterricht taucht immer wieder die Frage auf, warum Jesus der Messias genannt wird. Ich versuche meinen Schülern immer wieder deutlich zu machen, welche Schwierigkeiten die ersten Jünger hatten, an einen Messias Jesus zu glauben. Dabei fällt mir aber auf, dass ich nur eine oberflächliche Vorstellung davon habe, auf welchen Messias die Juden damals gewartet haben.
Ich habe verschiedene Studien angestellt, aber die Ergebnisse überzeugen mich nur teilweise, weil die Informationen oft aus christlicher Sicht so zugespitzt sind, dass die Schwierigkeiten damals als schell überwunden geglaubt werden können.
So habe ich nun im Internet auf jüdischen Seiten nach Kriterien geschaut, die aus jüdischer Sicht für einen Messias zu gelten haben, finde aber recht unterschiedlichen Kriterien.
Meine Frage nun:
Gibt es einheitliche und jüdischerseits allgemein akzeptierte Kriterien für einen Messias oder sind die Kriterien uneinheitlich? Haben sich die Kriterien innerhalb der letzten 2000 Jahre gewandelt oder haben die heutigen Kriterien auch im selben Umfang schon zur Zeit Jesu gegolten? Welche Kriterien sind es, denen ein Messias aus jüdischer Sicht genügen muss?

Über eine kurze Antwort freue ich mich!

Mit freundlichen Grüßen
C.G.

[Eingangsseite zur Rubrik "Frag' den Rabbi"...]
haGalil onLine 18-03-2009

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