Einführung zur Geschichte der Ostjuden
Chaim FRANK
In der schicksalsschweren Epoche der 2.
Hälfte des 17. Jahrhunderts traten einige 'pseudo-messianische Bewegungen' auf,
von denen zwei, nämlich Sabbataj ZWI und Jacob FRANK, traurige Berühmtheit
erlangten.
Sabbataj Zwi
Der erste, Sabbataj Zwi (1626-1676)
stammte aus Smyrna (Izmir), wuchs in einer aschkenasischen Familie auf und war
bestens mit der talmudischen, rabbinischen und kabbalistischen Literatur
vertraut. Vor allem war er, wie viele andere Zeitgenossen, von der lurjanischen
Mystik ergriffen, die die messianischen Erwartungen und das Bewußtsein förderte,
durch asketisches Leben, durch Meditation und Wahrung der Gebote (Mizwot) die
Ankunft Messias vorbereiten zu können. Sabbatai Zwi und seine Anhänger glaubten
sogar, daß die schrecklichen Chmjelnicki-Pogrome - die in diesen Jahren in Polen
und der Ukraine stattfanden - nichts anderes seien als die 'Geburtswehen des
Messias'. Mit dieser Ansicht riß er - und nach dem er sich auch noch selbst als
Messias erklärte - Tausende von Juden mit sich.
Es raste sozusagen das messianische
Fieber von Nordafrika bis in jeden Winkel Europas. Viele Familien verkauften, ja
verschenkten z.T. ihr Hab und Gut, um nach Palästina auszuwandern wo man auf die
Ankunft des Messias warten wollte.
Etwa 200 andere Familien (türkisch
Doenmeh = Abtrünnige genannt) traten wie Sabbatai zum Islam über. Sie ließen
sich zwar im Islam unterweisen, befolgten im Geheimen (den 18 Geboten Sabbatais
entsprechend) aber weiterhin die jüdischen Riten und beteten in hebraeischer
Sprache.
Erst mit dem Tode Sabbatai Zwi's, im
Jahre 1676, schien es, als habe der Spuk endlich sein Ende gefunden.
Doch wenige Jahre nach ihm trat ein
anderer, nämlich Jacub Lejbowicz FRANK (1726-1791) mit einer neuen
religiös-mystischen Bewegung auf. Und auch er, nach dem er sich 1755 als Messias
erklärte, mit seiner Anhängerschaar, den Frankisten - sie waren nichts anderes
als eine Sekte im herkömmlichen Sinne -, richtete großes Unheil an.
Jacub Frank
Jacub Frank stützte sich einerseits,
nachdem er in Salonoki mit dem Sabbatianismus in Berührung kam, auf deren
popularisierte kabbalistische Ideen vor allem der Seelenwanderung, verkündete
aber andrerseits eine Lebensfreude und Verbindung mit G'T, ausschließlich durch
sexueller Ekstase. Mehrmals wurde er und seine Anhänger unter Anklage der
Häresie (des Ketzertums) und ausschweifenden Lebenswandel gestellt, doch
jedesmal gelang im die Flucht. über Polen und Mähren kam er schließlich ins
Hessische
Offenbach,
wo er 1791 verstarb. Nach seinem Tode übernahm die Tochter, Eva Frank, die
Leitung der Sekte und ließ sich fortan als 'weibliche Emanation des Messias, als
'Heilige Jungfrau' verehren. Sie schaffte es fast bis zu ihrem Tode die Bewegung
aufrechtzuerhalten, danach verlor auch dieser Spuk an Bedeutung und Interesse.
Das Entstehen des
Chasidismus
Diese Auswüchse haben natürlich nichts
mit dem Chassidismus zu tun; - und doch stehen alles sehr wohl in einer gewissen
Verbindung zueinander. Denn der Chassidismus muß im Zusammenhang hierzu vielmehr
sogar als eine erfreuliche Befreiung von dem ''Sektenübel'' gesehen werden,
quasi als Erweckungsbewegung innerhalb des Judentums, obwohl dessen Wurzel
ebenfalls in der lurjanischen Mystik zu finden ist.
CHASSIDIM bedeutet ''Fromme''. Doch diese
Bezeichnung kannte man bereits seit der makkabäischen Epoche, vor allem für
solche 'frommen' Juden, die nämlich gegenüber dem seinerzeitig stark
einwirkenden griechischen Einfluß besonders standhaft blieben.
Im Mittelalter verbindet sich der Begriff
mit jener mystisch- religiösen Tradition, die vom Jehuda HaChassid geprägt war.
Danach und noch heute meint man mit
''Chassidim'' vorwiegend jene Mitglieder, die aus der von Israel ben Elieser
(genannt Baal ShemTov -BeSchT- d.h: Herr des guten Namens) begründeten Bewegung
und aus deren Nachfolgebewegungen hervorgegangen sind.
Baal SchemTov
Der große Baal SchemTov (Okop 1700-1760
Miedzyboz) stammte aus einer tief religiösen Region des jüdischen
Ansiedlungs-Rayons (kurz TCHUM genannt) Osteuropas, nämlich aus Podolien.
Bis zu seinem 36. Lebensjahr lebte Israel
ben Elieser in äußerst schlichten, bescheidenen Verhältnissen an verschiedenen
Orten zwischen Podolien und der westlichen Karpatenregion; für einige Zeit sogar
auch in der Bukowina. Auf dieser Wanderschaft scharten sich etliche fromme
Menschen um ihn, wurden seine Anhänger und ernannten ihn schließlich zu ihrem
''Meister''. Unter dieser Anhängerschar befanden sich auch einige Gelehrte, wie
z.B. Dov Baer von Mesiritsch, Jakob Joseph von Polonnoje, Pinchas Korez,
Menachem Mendel von Witebsk und Nachum von Czernobyl, die wenig später selbst zu
bedeutenden Lehrmeistern wurden und Dynastien begründeten.
Nach anfänglichen Kämpfen vor allem gegen
den herkömmlichen Rabbinismus, gelang den Chassidim allmählich die
Selbstbehauptung und Anerkennung.
Der Chassidismus entstand - wie erwähnt -
in Podolien (Süd- Ukraine) und setzte sehr bald in Polen, Galizien, Litauen,
Bessarabien, Rumänien und anderen osteuropäischen Ländern, als herrschende Form
jüdischer Frömmigkeit durch. Und seine Anhängerschaft, die Chassidims eben,
waren in allen in allen Schichten und Berufen zu finden.
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