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Schüler und
Schülerinnen von heute:
Unterrichtsmaterial zum Judentum
Beinahe zeitgleich präsentierten das Jüdische Museum Hohenems und das
Jüdische Museum der Stadt Wien Unterrichtsmaterialien zum Judentum, die in
österreichischen Schulen zum Einsatz kommen (sollen). Völlig unterschiedlich
motiviert und gestaltet, sind beide Pakete anregend und informativ. Ob sie
ihre Zielgruppe – Schüler und Schülerinnen von heute – zu aufgeklärten und
weniger antisemitischen Erwachsenen der Zukunft machen, allerdings erst in
den kommenden zwanzig Jahren beurteilen können. |
Sourvenir Israel Box
(JM Hohenems) |
Abb. 1,2,3 Copyright Naomi Tereza
Salmon, Weimar
Naomi Tereza Salmon, Weimar. |
Aus der
Fotoausstellung der israelischen und derzeit in Weimar ansässigen
Photographin Naomi Tereza Salmon mit dem Titel "Black-Box. Souvenir aus
Israel" haben die Autoren Gabriele Rath und Bruno Winkler für die Abteilung
politische Bildung des Unterrichtsministeriums 32 Photos ausgewählt und auf
ebenso viele 15 cm große quadratische Kartonkarten drucken lassen.
Die abgebildeten Gegenstände entstammen einerseits dem – israelischen –
Alltag wie ein "Wissotzky"-Nana-Teebeutel, eine Packung mit gefrorenem
gefillten Fisch oder eine Schachtel Chanukka-Kerzen. Andererseits handelt es
um typische, zum Teil christliche Souvenirgegenstände aus Israel wie einer
Blechdose mit "frischer Luft aus dem heiligen Land", einer Postkarte mit dem
Portrait von Theodor Herzl und dem Text eines Klageliedes oder einer
Plastikflasche mit Jordanwasser und dem Bild von Johannes, der Jesus im
Jordan tauft. |
Bei einigen der abgebildeten
Gegenstände verschwimmen Gebrauchs- und Sammelfunktion wie bei der Kippa,
die im Melonenmuster gestrickt ist, oder der Telefonkarte mit einem Bild von
der Vertragsunterzeichnung von Menachem Begin, Anwar al-Sadat und Jimmy
Carter 1979 in Camp David. Palästinensische bzw. arabische Gegenstände sind
ebenfalls vertreten: eine Gebetskette "Masbacha" und eine Musikkassette mit
Intifada-Musik, deren Titelphoto die Hand eines Palästinensers mit Steinen
zeigt.
Naomi Tereza Salmon, Weimar. |
In einer dem Set beigelegten
Broschüre findet sich eine Beschreibung der Bilder, deren "Fundort", eine
Erläuterung zu den Begriffen und Hinweise auf weiterführende Literatur sowie
auf korrespondierende Websites im Internet. Eine weitere Broschüre bietet
jeweils zu den abgebildeten Gegenständen passende Zeitungsausschnitte aus
der Jüdischen Rundschau, der Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung sowie der
Illustrierten Neuen Welt. Im Glossar finden sich zudem die Kochrezepte von
Falafel und von gefillte Fisch.
Die Souvenir Israel Box bietet einen reflexiv-assoziativen Zugang mit
zahlreichen Anknüpfungspunkten, die einerseits ein weites inhaltliches Feld
abdecken und die andererseits praktisch alle gängigen Medien anführen
(Bücher, Zeitungen, Videos und Internet). Die Souvenir Israel Box geht vom
selbst schon zum Gebrauchsgegenstand gewordenen Medium des Souvenirs aus und
stellt es als solches zur Diskussion, thematisiert einen Zugang zum
Judentum, vor allem vom heutigen Israel ausgehend. Das Material ist durch
seine Gestaltung in 32 lose Karten allerdings auch ein wenig beliebig
geraten. Damit ist es einerseits für praktisch alle Altersgruppen
einsetzbar. Andererseits ist seine Verwendung im Unterricht von den
Fähigkeiten der jeweiligen Lehrkraft als Vermittler abhängig. |
Juden in Wien:
Geschichte und Religion (JM Wien)
Als
klassische Arbeitshefte für den Unterricht präsentieren sich die von
Michaela Feurstein und Hannah Helsch erstellten Materialien des Jüdischen
Museums der Stadt Wien. Verbal vermittelte Informationen werden in
Arbeitsblättern mit Ergänzungsfragen oder Lückentexten abgefragt und
überprüft.
Geboten werden Lehrinhalte über
jüdische Geschichte und Identität im allgemeinen, thematisiert u.a. mit der
Frage "Wer ist Jude" (Skript für die Oberstufe, ab 16 Jahre), und die
Geschichte der Juden in Wien im besonderen, die etwa durch eine
"Stadtrallye" zu den "Orten der Erinnerung" führt (Mittelstufe10-16Jährige).
Die Mappe für Volksschüler (6-10Jährige) enthält zudem Anregungen zum
Zeichnen eines Chanukka-Leuchters, zum Schreiben des eigenen Namens in
Hebräisch und die Anleitung zum Basteln einer Thorarolle.
Abgesehen von schulmeisterlichen
Anweisungen bieten die Unterlagen einen für österreichische bzw. Wiener
Schulen wohl erstmaligen und umfassenden Einblick in das Judentum. Die
Thematisierung von Antisemitismus, Rassismus und Fremdsein könnte auch für
Kinder von Migranten Anknüpfungspunkte zur Auseinandersetzung mit der
jüdischen Geschichte bieten. Kritisch angeführt werden soll allerdings die
semantische Fehlleistung, die den Autorinnen mit dem Begriff
"Vernichtungssyndrom" als Umschreibung für Judenverfolgung vom Mittelalter
bis in die Gegenwart passierte.
Beide Unterrichtsmaterialien können
auch über Österreichs Grenzen hinaus Verwendung finden, die Sourvenir Israel
Box aus Hohenems ist als Fotoessay sogar sprach- und kulturunabhängig. Beide
Materialen sind empfehlenswert und ergänzen einander. Sie sind relativ
preisgünstig, für österreichische Schulen zum Teil gratis zu erwerben.
Weitere Informationen und
Bestellmöglichkeiten:
- Jüdisches Museum der Stadt Wien,
Trattnerhof 2, A-1010 Wien, Email: info@jmw.at
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